Ausstellungen




Geschichtenerzähler mit Pinsel und Kamera

Langenthaler Tagblatt, 02.02.2006

Philipp Heckmann Malereien, Collagen und Fotografien des Künstlers ab heute in der Galerie Chrämerhuus
an der Marktgasse 4 hat der deutsche Künstler Philipp Heckmann sein Atelier eingerichtet. Der Kulturverein Chrämerhuus nutzt die Gunst der Stunde und lädt ab heute zu einer einwöchigen Werkschau ein.

Erst taucht Philipp Heckmann den Pinsel in etwas Wasser, dann in die Acrylfarbe, um schliesslich auf dem Bild, das vor ihm liegt, der Wiese eine weitere Blume hinzuzufügen. Sie gehört zu einer Waldlichtung, in der ein Jumbo-Jet seine letzte Ruhestätte gefunden hat. Es muss vor langer Zeit gewesen sein, denn die Schneise, welche das Flugzeug in den Wald geschlagen haben muss, ist bereits überwachsen. Lianen wuchern aus den Düsentriebwerken, aus dem Cockpit hängt eine Strickleiter. Die surreale, von einem Rankengestrüpp eingerahmte Szene ist (noch) menschenleer, der Beobachter ist fasziniert und irritiert zugleich. «Zeigt es, dass die Technik ein Teil der Natur ist?» Heckmann muss über den Interpretationsversuch des Schreibers schmunzeln und schweigt. «Hmm..., vielleicht werde ich ihm den Titel geben <hierbleiben um anzukommen>» antwortet er nach einer Weile. Der 46-Jährige ist nicht nur Künstler, sondern auch ein Philosoph.

Nur mit «one-way-ticket»

Angekommen in Langenthal ist Heckmann im letzten September. Wie lange er hier bleiben wird, ist noch offen. Offen sind auch seine Augen, wenn er durch die Stadt streift. Dann sammelt er Bilder für seine Fotoserien. Auch diese leben von den Assoziationen, die im Betrachter geweckt werden. So ist ihm etwa der Asian Shop an der Herzogstrasse aufgefallen, mit der historischen Anschrift «Ernst Böhlen, Landesprodukte» und der Coca-Cola-Reklame auf dem Schaufenster. «Ist doch toll, nicht?» Doch die Fotografien sind für später. «Jetzt bin ich in meiner Malphase.»
In die Schweiz gekommen ist Heckmann mit den Vorstellungen: «Reich, sauber, wohlgeordnet, konservativ». Dieses Bild hat er bereits korrigiert und gemerkt, dass wir hier dieselben Probleme haben wie die EU. Überhaupt: «Die Menschen sind im Innern alle gleich, nur ihre Kulturen sind verschieden», ist Heckmann überzeugt.
Er muss es wissen, denn er ist schon viel in der Welt herumgekommen. Wie immer nur mit einem «one-way-ticket» in der Tasche. Denn überall, wo er hinkommen will, will er auch bleiben. Zuletzt lebte Heckmann in Thailand, auf der Schildkröteninsel Koh Tao. Dort hat er seine heutige Lebenspartnerin Oy Fankhauser kennen gelernt, deren einer Sohn hier aufgewachsen und deren anderer Sohn hier geboren worden ist. Sie zog es nach Langenthal zurück, und Heckmann kam mit. Jetzt pendelt er zwischen seinem Atelier in Frankfurt und jenem in Langenthal.

«Ich male für mich selber»

Auf Koh Tao entdeckte er einen Felsen, der einem Gorilla gleicht. «Jetzt nennen ihn auch die Einheimischen <Gorillafelsen>.» Das scheint Heckmann mehr zu bedeuten als internationale Preise, um die er sich nicht kümmert: «Ich male für mich selber, was als Kunst Bestand hat, wird die Zeit zeigen.» Immerhin kann er seit 1983 von der Kunst leben.

In der Chrämerhuus-Galerie ist ab heute eine Werkschau des Künstlers zu sehen. Nur eine Woche lang, aber Heckmann ist dafür die ganze Zeit anwesend. Und lässt sich dabei gerne in ein Gespräch verwickeln. «Wetten, dass...?»

Gérard Bornet