«Langenthal?»
Philipp Heckmann zieht an seiner selbstgedrehten Zigarette. «Langenthal
kommt mir manchmal vor, als ob es einen Krieg erlebt hätte. Vom
Stadtbild her.» Da gebe es diese «wunderschönen alten
Häuser» – und gleich daneben stehe ein Betonklotz.
Oder die uralte Scheune neben den Neubauten. «Und das mitten
in der Stadt», sagt Philipp Heckmann ganz erstaunt.
Der
46-jährige Deutsche sieht Langenthal mit fremden Augen. Seit September
ist er hier zu Gast. Er arbeitet in Langenthal, an der unteren Marktgasse,
als Künstler. Er malt, er stellt Collagen her, er fotografiert.
Heckmann weiss auch schon das Thema des nächsten Fotoprojekts:
Alt und Neu. «Das ist natürlich nichts Neues, Alt und Neu
nebeneinander zu stellen. Aber hier in Langenthal ist dieser Gegensatz
sehr, sehr krass.»
«Der
Staunende»
Kein Wort von den «hüfthohen Trottoirs», welche den
Fremden in Langenthal immer zuerst auffallen sollen. Dafür ein
erstauntes Fragen, ob Langenthal wirklich die durchschnittlichste Schweizer
Stadt sei. Und wie er gestaunt habe, als kürzlich eine ganze Panzerkolonne
auf der Bützbergstrasse daherrollte.Das Staunen ist Philipp Heckmanns
ständiger Begleiter. Und das Ergebnis dieses Staunend-in-die-Welt-Blickens
hängt ab Donnerstag im Chrämerhuus; die Ausstellung dauert
nur eine Woche. Malereien, Collagen, Fotografien. Er stellte schon oft
in Deutschland aus, seit 15 Jahren auch in Nizza, auf Lanzarote und
in Thailand.
«Bin
wieder gestrandet»
Warum nun ausgerechnet in Langenthal? «Ich bin mal wieder gestrandet»,
sagt er. Seine Freundin Oy Fankhauser, die er in Thailand kennen lernte,
ist wieder nach Langenthal zurückgekehrt. Seit letzten September
pendelt Philipp Heckmann nun zwischen Deutschland und Langenthal.
«Ich bin ein Triebtäter»
Aufgewachsen ist Heckmann in Freiburg im Breisgau als Einzelkind. Sein
Vater, Walter Heckmann, war Maler und Bildhauer. «Er wollte nie,
dass ich Maler werde.» Doch der kleine Philipp tat, was Kinder
gerne tun: Er malte trotzdem. Immer wieder, immer besser. «Ich
bin ein Triebtäter. Ich muss malen.» Wohl versuchte er sich
in einem «richtigen» Beruf. Machte ein Praktikum als Schriftsetzer
– damals noch im Bleisatz, startete eine Ausbildung als Retuscheur,
lernte, wie man Bilder freistellt, lernte, wie man echt wirkende Schatten
in Handarbeit erzeugt – «heute hat man dafür den Fotoshop».
Nach vier Monaten hatte er genug – und die Malerei hatte ihn wieder.
«Der
Naturschützer»
Fortan arbeitete er für Naturschutzorganisationen und für
Zeitschriften in Deutschland und in Italien. Er machte Fotoreportagen
und stellte regelmässig aus. Dann, 1994, die Zäsur: Der Tod
seines Vaters. «Er war mein bester Freund, Meister und Vater.»
Die Trauerphase dauerte drei Jahre. Gemeinsam mit seiner Ehefrau zog
er in der Wald, wie er sagt. Er versuchte sich im Antikhandel. Drei
Jahre wohnten sie in Nizza. Später, auf Lanzarote, kams zur Trennung
– nach zwanzig gemeinsamen Jahren. Thailand und Australien waren
weitere Stationen seines Künstlerlebens – und jetzt das Stranden
in Langenthal.
Wer Philipp Heckmanns Bilder sieht, muss nicht lange überlegen,
was der Künstler damit sagen will. Die Bilder, so surreal sie in
wochenlanger Feinarbeit gezeichnet sind, wirken auf den ersten Blick
sehr real. Heckmann malt nach der Devise: «Ein Bild, das für
sich sprechen kann, ist ein gutes Bild.»
Seit 15 Jahren kann Heckmann allein von seiner Kunst leben. Ob nun seine
Art von Malerei gerade in Mode ist oder nicht, sei für ihn nicht
relevant. «Denn ich male ja sowieso.»
Sagts und dreht sich eine Zigarette. Rudi Bärtschi
Ruedi Bärtschi
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