Unsere Umwelt ist schon lange nicht mehr ursprünglich, die Erde
ist umgestaltet und unsere Eingriffe haben bereits ein beispielloses
Ausmaß erreicht. In unserer selbst zuerkannten Sonderstellung
glauben wir die Natur zu unterwerfen. Mir geht es in diesem Fotoband
nicht um die Natur „da draußen“, oder die in uns,
sondern darum zu einer Symbiose, zu einem Denken beiderseitigen Vorteils
zurückzufinden.
Obwohl es objektiv nichts außerhalb der Natur gibt, ragen wir
scheinbar über sie hinaus. Damit setzen wir uns selbst in Widerspruch.
Alles was wir messen und berechnen, geschieht im Bewusstsein. Wir suchen
Antworten darauf, ob man hören kann, wie ein Felsen den Berghang
herabfällt, wenn niemand da ist oder, ob es den Mond schon gab
bevor wir ihn als solchen erkannt haben. Sind wir ein Teil der Natur,
oder ihr Gegenüber? Als Teil der Natur können wir niemals
etwas anderes sein, als sie selbst. Haben wir dann tatsächlich
die Wahl etwas anders zu machen als sie? Können wir akzeptieren,
dass wir auf diesem Planeten nur scheinbar autark agieren, dass es eine
externe Kontrolle unserer Aktivitäten durch die Natur gibt? Unsere
Umwelt können wir belassen, gestalten oder zerstören, das
ist Fakt. Für die Evolution ist daran nichts falsch oder richtig,
ein abschließendes Entweder-oder gibt es für sie nicht, sie
lässt uns gewähren. Die Verantwortung für unser Tun,
unsere Moral und Ethik liegen demzufolge bei uns selbst.
In manchen Dingen bin ich mit mir uneins und viele werden die Welt mit
anderen Augen sehen als ich, deshalb habe ich den Titel Kontroversen
für diesen Bildband gewählt. Er bedeutet entgegengesetzt,
gegensätzlich auch bezweifelbar oder strittig.
Flüchtige Spuren, die Dinge des Menschen, unsere Aktivitäten
und Hinterlassenschaften sind hier versammelt. Es sind meine Zwiespalte,
die ich in mir herumtrage, gesehen mit heiterem oder bedenklichem Auge.
Für mich ist ermutigend, dass sich in unseren Vermächtnissen
die Spirits wiederfinden. Die Lebensgeister zeigen sich mir nicht nur
in archaischen Formen wie Felsen, Feuer, Wasser oder Bäumen, auch
im Rost der Maschinen, in der Verwitterung der Mauern, im geschlagenen
Holz oder zerfetzten Plakatwänden sind sie vorhanden. Die Natur
ist zeitlos, sie spielt mit der Vergänglichkeit menschlichen Strebens
und weist mir so den Weg zur Betrachtung meines Selbst.
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